Teamgeist fördern
Notwendigkeit im E-Sport
In den heutigen kompetitiven Spielerwelten reicht es nicht mehr aus, der beste Spieler der Welt zu sein. Jedenfalls nicht außerhalb des Single Player Modus. Teamleistung und Zusammenspiel sind gefragt – und viele Trainer stehen vor der Frage, wie es am effizientesten gelingt, ein harmonisches Team zusammenzustellen. Sicherlich kommt es immer auch auf die individuellen Charaktere der Spieler:innen an – aber die ein oder andere erprobte Strategie gibt es dennoch.
Organisationen nutzen teilweise Testverfahren, um die Charaktereigenschaften ihrer künftigen Top-Spieler einzuschätzen. Genauso gibt es wissenschaftliche Theorien dazu, wie sich Teams mit der Zeit formen (lassen). Eine der bekanntesten stammt von Tuckman, dessen „Forming“, „Storming“, „Norming“ und „Performing“ durch Jensen noch durch ein „adjourning“ ergänzt wurde. Erkenntnis aus diesen Hypothesen: Teams brauchen ein wenig Zeit, um sich zu finden und auszurichten. Eine Auswahl der relevantesten Tricks und Kniffe, um diesen Prozess zu fördern, werden in diesem Artikel vorgestellt.
No.1: Das gleiche Ziel verfolgen.
Wir kennen es alle: Gerade haben wir es in die Promo zum Aufstieg in den nächsten Rang geschafft und dann werden wir in einem 5v5 mit Teammates gematcht, die alles tun außer vernünftig zu spielen. Von Flamern über Feeder hin zu egozentrischen Nieten, die nicht in der Lage sind zu kommunizieren ist alles dabei. Auch unter Freunden kann es passieren, dass nicht alle das anstehende Spiel gleich ernst nehmen. Da brodelt Stress- und Streitpotential und der Sieg ist gefährdet – und damit auch all die Hoffnungen und Ziele, die man sich gesteckt hat. Also: Leistungsstarke Teams wissen, wofür sie antreten und was das gemeinsame Ziel ist. Egal ob im Training, wenn neue Strategien oder Champs ausprobiert werden sollen oder vor wichtigen Turnieren, es sollten alle am gleichen Strang ziehen und für das gleiche Ziel kämpfen.
No.2: Vertrauen
Keine Sorge, es folgt keine Beweihräucherung, dass sich alle im Team lieb haben müssen und vor jedem Turnier eine Paartherapie absolvieren. Aber je besser sich die Spieler untereinander mit ihren Stärken und Schwächen kennen und auf einander verlassen können, weil sie wissen, wie der andere – mit all seinen Besonderheiten – tickt, dann gelingt auf dem Spielfeld, was die Zuschauer als „blindes Zusammenspiel“ kennen. Es muss zwar weiterhin kommuniziert werden, aber mehr um die wichtigen, aktuellen Geschehnisse und nicht mehr über grundlegendes. Das spart Zeit und Frustpotential. Wenn ich weiß, was meine Teammitglieder sehr gut können und wie ich mich am besten einbringen kann, ergibt sich manches auch von selbst. Ein Vorteil, den eingespielte Teams vor frisch zusammengewürfelten Star-Sammlungen definitiv haben. Auch das gemeinsame Sammeln von Erfahrungen, digital wie analog, trägt zu diesem Punkt bei. Deshalb sind gemeinsame Freizeitaktivitäten (der klassische Kletterpark lässt grüßen!) und Ausflüge so gern gesehen. Ein weiterer Nebeneffekt: Vertrauen und ein Verständnis für den Charakter des anderen baut auch Vorurteile ab und kann somit helfen, Teams zeitnah zusammenzuschweißen. Wenn deutlich wird, dass sich Einzelpersonen überhaupt nicht vertragen können, dann sollte hier schnell eingegriffen werden. Denn mangelndes Vertrauen beschwert das Zusammenspiel und belastet die gesamte Mannschaft.
No.3: Wertschätzung und Kommunikation
Wer fühlt sich wohl im Team wohler? Der, der ständig geflamt und angegriffen wird, weil er seinen Job nicht ordentlich erfüllt oder der, der von den anderen für seinen Einsatz und erfolgreiche Moves anerkannt und wertgeschätzt wird? Richtig, der zweite. Und Studien zeigen, dass Variante 2 auch zu besseren Spielergebnissen führt. Wer ständig Angst haben muss, bei Fehlern ausgezählt und ersetzt zu werden, der spielt nicht mehr fürs Teamziel, sondern nur noch „fürs überleben“, also fürs eigene Ziel des Selbstwertschutzes und der Anerkennung spielt, was häufiger zu riskanten Einzelaktionen führt.
Wer sich aber grundsätzlich anerkannt und in seinen Bemühungen gesehen fühlt, ist auch offener für konstruktive Kritik und kann Rückschläge besser einstecken. Wichtige Elemente, um in einem Turnier Bestleistung zeigen zu können. Wer grundsätzlich nicht auf das hört, was in Training und Spiel besprochen wird und wer es schlimmstenfalls immer besser weiß, dem kann nur mit Mühe das Attribut „Teamplayer“ ausgestellt werden.
No.4: Verantwortung
Das mag auf den ersten Blick verwirrend klingen, doch in erfolgreichen Teams übernehmen die Spieler Verantwortung für ihre Entscheidungen und Handlungen, am Bildschirm und auch im echten Leben. Fehler machen wir alle. Diese anzunehmen und daran zu wachsen, statt Ausreden zu suchen oder andere zu beschuldigen, das ist echte Stärke. Wer Verantwortung übernimmt und für alle anderen als Vorbild dienen kann, sei es im Hinblick auf Trainingsmoral, den Umgang mit Niederlagen oder das Verbreiten von guter Stimmung, leistet einen maßgeblichen Beitrag im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit eines Teams.
Fazit
Die Aufgaben eines Team-Managers im Hinblick auf die Förderung des Teamgeistes ist es also, geeignete Spieler:innen für die Team-Werte (oder Organisationswerte) herauszufiltern und die finanziellen, örtlichen und zeitlichen Räume zu schaffen, damit sich ein Team zusammenfinden und gemeinsam entwickeln kann. Coaches und Trainer stehen vor der Aufgabe, geeignete Trainingssettings und Ausflüge, aber auch Kommunikationsräume und klare Spielregeln zu schaffen, damit am Ende alle an einem Strang ziehen und das gleiche Ziel verfolgen. Dafür braucht es eine gewisse Grundausbildung und Kenntnisse in Gruppenprozessen, Motivationsarbeit und weiteren Themenfeldern.
Quellenangaben:
Brand, Ralf (2019): Sportpsychologie: Verständnisgrundlagen für mehr Durchblick im Fach
Tuckman, B. W., & Jensen, M. A. (1977). Stages of small-group development revisited. Group & Organization Studies, 2(4), 419–427. https://doi.org/10.1177/105960117700200404
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