E-Sport: Erfolgsfaktoren im Spiel

Wer im E-Sport erfolgreich sein möchte, der muss sein Handwerk – aka bevorzugtes Spiel – bis zur Perfektion beherrschen. Hier mag es bei der aktuellen Elite noch geringe Unterschiede geben, aber im Grunde sind wir uns vermutlich einig: sie sind alle verdammt gut! Das geht natürlich auf intensives Training und sehr viel Spielpraxis zurück.

Je gezielter hierbei das Training abläuft, desto effizienter ist es auch. Die Wissenschaft belegt diese simple Logik: Je spezifischer ein Spieler die Anforderungen seines präferierten Spieltitels trainiert, umso besser. Laut Nagorsky und Wiemeyer (2020) verbringen E-Sportler ca. 38.85% ihrer Zeit mit Training. Spannend hierbei ist die Aufteilung. Die beiden Forscher beschreiben die Auswirkung vier verschiedener Faktoren auf die Spielperformanz: Koordination (Hand-Hand, Hand-Auge- und sensomotorische Koordination), mentale Fertigkeiten und Voraussetzungen, taktische und teamorientierte Fähigkeiten sowie personelle Faktoren wie Ausdauer, Wahrnehmungsgeschwindigkeit und Flexibilität.

Es ist nun Aufgabe der Coaches und Trainer, die jeweiligen Bereiche zu analysieren und geeignete Trainingssequenzen vorzubereiten. Top Teams verfügen über diese Fachkräfte und trainieren sehr zielgerichtet.

Dr. Ivan Joseph beschreibt zudem eine weitere Qualität, die Top-Spieler:innen mitbringen sollten: Selbstvertrauen und die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen. Sicherlich, manchmal liegen Top-Spieler mit ihren Entscheidungen falsch. Aber nichts ist schlimmer, als gar keine Entscheidungen zu treffen. Selbstvertrauen bauen junge Menschen durch Erfahrungen auf, also nichts wie rein in das nächste Turnier! Je mehr Spielpraxis im kompetitiven Umfeld du sammeln kannst, desto besser – ein weiterer Punkt für den Kopf. Zurück zu den Profis, denn denen mangelt es bei mehreren 1000 Stunden Spielzeit sicherlich nicht an Erfahrungen.

Was ist bei hochklassigen Turnieren der „defining factor“, also der Unterschied zwischen denen, die gewinnen und denen, die verlieren?

Vieles kommt zurück auf die Vorbereitung. Teams, die in Trainingsphasen und Bootcamps die Möglichkeit hatten, gegen andere Teams auf ähnlichem Level zu spielen, haben mehr Spielpraxis auf hohem Niveau. Sie können früh anfangen, gegnerische Teams und ihre eigenen Konter-Strategien zu analysieren und sich vorbereiten. Für die Top-Teams wird das etwas schwerer, denn wer will schon freiwillig gegen Teams antreten, bei denen eine Niederlage wahrscheinlich und das Verraten von Überraschungsmomenten vorprogrammiert sind?

Die mentale Vorbereitung auf Großevents – wie ihr es hier schon oft gelesen habt – bekommt also einen noch höheren Stellenwert, wenn die manuellen Fähigkeiten bis aufs Maximum ausgereizt wurden. Team-Spirit und individuelle Klasse machen hier den wesentlichen Unterschied. Wer als Single Player oder auch als Team weiß, wofür er spielt und worum es ihm oder ihr im Kern geht, der hat einen gewaltigen Vorteil. Ein weiterer Gewinnfaktor ist die Fähigkeit, sich in kürzester Zeit auf die Strategien und Spielweisen der anderen Mannschaft einzustellen und kreative Lösungen und Counter zu finden. Fehler nicht nur zu vermeiden, sondern Settings zu kreieren, in denen der Gegner Fehler machen könnte – das ist die Art strategisches Denken, die Top-Spieler mitbringen. Die Ausführung geschieht dann in technisch perfektionierter Manier.

Das spannende daran: Teams und Manager suchen immer wieder nach Talenten, die die benannten Qualitäten mitbringen. Sie brauchen Spieler und Spielerinnen, deren Energie und Charakter die anderen im besten Sinne des Wortes ansteckt, die mit Rückschlägen konstruktiv umgehen können und kreative Lösungen im und für das Team finden. Technisches Training kann stets erfolgen, aber welche Charakterstärke und Einstellung jemand mitbringt, gilt es im Vorfeld abzuklären. Die Motivation der Leistungsträger spielt hierbei sicherlich auch eine große Rolle, aber eben auch das die Teamorientierung und Kooperationsfähigkeit. Wer dazu noch auf Gesundheit achtet und nicht alle paar Wochen krankgeschrieben werden muss, stärkt das Team. Es ist ein simpler Fakt: Wenn im Training auf Schlüsselfiguren ständig verzichtet werden muss, dann ist das Training ineffizient und die Betroffenen werden vermutlich schnell ersetzt – durch Personen, die zuverlässig, motiviert und belastbar sind.

Bei all dem Fokus auf den Kopf und mentale Stärke: Ohne Hand klappt es jedoch trotzdem nicht. Es ist kein Zufall, dass bei übertragenen Turnieren oft Wärmekissen oder sonstige Knetsäckchen zu sehen sind. Ein Warm-Up der Hände dient einerseits der Vorbereitung des Muskel-Bänder-Apparats, aber auch der kognitiven Einstimmung auf das, was gleich gefordert ist: nämlich Präzision und Konzentration im höchsten Maße. Und hierbei müssen Hand und Kopf perfekt zusammenspielen. Zu behaupten, im Turnier entscheidet nur der Kopf, wäre fatal! Es wäre daher wünschenswert, wenn Teams nicht nur auf präventive Ansätze zur Verhinderung von Sehnenüberlastung etc. achten würden, sondern auch auf eine Förderung der oben genannten sensomotorischen Fähigkeiten. Abwechslung und Entlastung für die Hände, sowie kreative Auszeiten und manuelle Betätigung sind potentielle Trainingsergänzungen, die im sportwissenschaftlich und psychologisch geprägten Trainingsumfeld oftmals untergehen. Eine gewagte These, die es zu prüfen gilt!

Fazit

Es gilt also: Training, Training und nochmal Training, für die Hände, aber auch für den Kopf. Beide Anteile sind essentieller Erfolgsfaktor für erfolgreiche Karrieren im E-Sport. Wer Turniere gewinnen will, braucht starke Grundlagen, viel körperliche und mentale Ausdauer und ein stabiles Team, auf das er sich verlassen kann! Um das zu erreichen, braucht es Fachwissen.
Das gilt sowohl für kleine, private Teams, als auch für die ganz großen!





Quellenangaben:

Nagorsky, Eugen; Wiemeyer, Josef (2020): The structure of performance and training in esports. In: PLoS ONE 15 (8), e0237584. DOI: 10.1371/journal.pone.0237584.
https://www.youtube.com/watch?v=w-HYZv6HzAs

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