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Wirtschaftlicher Wandel

Globalisierung findet vom Prinzip her schon seit Jahrtausenden statt, doch seit ca. 30 Jahren wird dieser Begriff in Zusammenhang mit den neuen weltpolitischen Entwicklungen, die zu einem grundlegenden Wirtschaftswandel führten, verwendet. Dieser sowie der verstärkte internationale Wettbewerb bestimmen heute die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen: Hoher Wettbewerb, nachhaltiger Kostendruck und steigende Komplexität der Entscheidungsprozesse.

Prinzipiell kann heutzutage jeder Ort auf der Welt nicht nur Absatzmarkt, sondern ebenso Produktionsstätte sein. Arbeit kann z. B. dort ausgeführt werden, wo sie günstig ist. Hierbei ermöglichen moderne Kommunikationsformen eine räumlich und zeitlich unabhängige Aufgabenbewältigung.

Globalisierung hat zu Produktivitätszuwächsen und verbessertem Lebensstandard geführt, jedoch auch zur Zunahme unerwarteter Marktentwicklungen in einer sich immer schneller verändernden Weltwirtschaft. Folgen sind geringe Planbarkeit und hohe Flexibilität der Unternehmen. Diese Unsicherheiten machen sich auch bei den Beschäftigten bemerkbar, da Unternehmen in betrieblichen Krisen häufig mit Restrukturierungen reagieren. Hierbei werden Arbeitsplätze sowie Arbeitsinhalte verändert bzw. Personal entlassen – mit den verschiedensten Konsequenzen auf das Wohlbefinden der Belegschaft.

Die EU reagierte im Jahr 2000 auf diese neuen Entwicklungen und formulierte mit der Lissabon-Strategie das Ziel, Europa zu einem wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum zu entwickeln: Marktanteile und Wohlstand sollen gesichert werden, indem Unternehmen intelligente Produkte, Technologien oder Dienstleistungen anbieten, d. h. besonders innovativ sind (vgl. EU KOM 2011, S. 4). In den letzten Jahren wurde dieses Programm konsequent weiterentwickelt. Das Unternehmen, welches als erstes mit seinen Produkten und Diensten auftritt, schnell und flexibel auf Kundenanforderungen bei gleichzeitiger Wahrung hoher Qualität reagiert, hat Erfolg.

Neben den gestiegenen Anforderungen an Produkte, die Qualität und den Preis ist die Geschwindigkeit als wichtiger Wettbewerbsfaktor hinzugekommen, d. h. die Zeitspanne zwischen Erfindung und Anwendung wird immer kürzer bzw. es entstehen immer schneller neue Innovationen. Dadurch kommt es zu permanenten Veränderungen in Unternehmen, die sich auf die Arbeit der Beschäftigten auswirken. Die neuen Anforderungen hinsichtlich Zeit, Qualität und Flexibilität erfordern gebildete, kreative, motivierte, kooperationsfähige und loyale Mitarbeiter.

Zudem setzen Innovationen ein hohes Maß an Wissen bzw. Information voraus. Produktivität wird durch Qualifizierung, Gesundheit, Motivation und Forschung erreicht. Der Unternehmenserfolg wird somit heute stärker von sogenannten weichen Faktoren (Zusammenarbeit, Einsatzbereitschaft, Angstfreiheit, Verantwortungsübernahme etc.) mitbestimmt. „Anders formuliert: Produktivitätsfortschritte (…) werden in erster Linie über bessere menschliche [psychosoziale] Kompetenzen erreicht.“ (Nefiodow, 2006, S. 85ff) Für Unternehmen bedeutet diese Entwicklung eine stärkere Abhängigkeit von ihren Mitarbeitern.

Was können Unternehmen dafür tun?

Damit Unternehmen von der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft ihrer Mitarbeiter in vollem Mabe profitieren können, ist eine ausgeprägtere Mitarbeiterorientierung notwendig. Darunter fällt die Erfüllung folgender Bedürfnisse:

  • Ausreichende Vergütung und sicherer Arbeitsplatz,
  • Sinnstiftende Arbeit und persönliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten
  • Soziale Unterstützung und Wertschätzung

Damit einhergehend wandelt sich die Führungsrolle bezüglich des Selbstverständnisses, der Qualifikation und der Aufgaben: Es resultiert ein erhöhter Bedarf an Menschenführung und sozialen Kompetenzen. Während Politik und Forschung eine mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur zur Entwicklung einer verbesserten Arbeitsqualität (mit fairem Einkommen, gesundheitsfördernden Arbeitsbedingungen, Handlungsspielraum, Mitspracherecht, Weiterbildung, Work-Life-Balance etc.) fordern, die nach den Bedürfnissen der Mitarbeiter ausgerichtet ist, ist seit einigen Jahren in Unternehmen jedoch eher das Gegenteil ersichtlich. Die repräsentative Studie der psychonomics AG und der Universität Köln kommt zu dem Ergebnis, dass in Bezug auf Mitarbeiterorientierung, gute Arbeitsqualität und Unternehmenskultur bei den meisten der 314 befragten deutschen Unternehmen Verbesserungsbedarf besteht (vgl. baua/inqa.de 2008a, S. 16f).

Wie reagieren derzeit Unternehmen auf globale Wirtschaftsveränderungen?

Aus Industrienationen entstehen Informationsgesellschaften. Letztere sind schneller, komplexer, vernetzter und mobiler. Als Konsequenz aus der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung folgt der Wandel der Unternehmen: Sie verändern ihre Ziele, die Strategie, die gesamte Organisation. Es geht dabei um „neue Fragen des Wachstums, der Anpassung, der Austauschbeziehungen“ (Granig et al., 2011, S. 65). Toffler (1970) betont, dass es

eine Zeit gab, in der ein einmal eingeführtes Organisationsschema jahrelang Gültigkeit behielt. Heute ändern Institutionen ihre Struktur so oft und so schnell, dass die Organisationspläne wenige Monate, nachdem sie aus der Druckerei gekommen sind, schon als historische Relikte gelten.“ (ebd., S. 104).

Erfolgreiche Unternehmen müssen fähig sein, eigene Strukturen, Prozesse, Arbeitsplätze und Aufgaben an neue Bedingungen flexibel anzupassen und selbst innovativ zu werden. Die Anzahl und Häufigkeit von Veränderungen ist somit gestiegen. Dadurch wandelt sich auch die Arbeit der Erwerbstätigen.

Häufige Unternehmensstrategien sind Veränderungen zur Kostensenkung oder Optimierung von Geschäftsprozessen, Sanierungen, Auslagerungen, Restrukturierung, Fusionen, Verschiebung in Billiglohnländer oder Personalabbau. Dabei finden meist viele Veränderungen gleichzeitig statt.

In den westlichen Industrieländern hat sich Personalabbau seit den 1980er Jahren zum gängigen Phänomen entwickelt. Unbestritten ist, dass Entlassungen gesundheitliche und finanzielle Auswirkungen auf Betroffene haben. Aber auch für diejenigen, die nicht entlassen werden, gibt es gesundheitliche und berufliche Folgen wie z. B. zunehmende Mehrarbeit bzw. veränderte Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz, was wiederum Stress erzeugen kann.

Inwieweit Personalabbau aus betriebswirtschaftlicher Perspektive positiv bewertet werden kann, bleibt umstritten. Cascio (2002) hat mit seiner Studie am Beispiel von 311 Unternehmen zeigen können, dass Entlassungen nicht unbedingt zum wirtschaftlichen Unternehmenserfolg beitragen: Diejenigen Unternehmen, die in Qualifikation und Personalentwicklung investierten, waren produktiver und verbesserten langfristig eher ihre Marktposition als die Unternehmen, die zur kurzfristigen Kosteneinsparung Personal abbauten. 

Als Tomasko (1993) 1000 amerikanische Unternehmen nach Zielen und Ergebnissen des durchgeführten Personalabbaus befragte, war das Resultat überraschend: Kurzfristig waren zwar Erfolge bezüglich schneller Kostensenkung, Effizienzsteigerung und besserer Konkurrenzfähigkeit zu verzeichnen. Auf Dauer ergaben sich jedoch nicht selten negative Effekte auf die verbliebenen Arbeitnehmer, sodass die erhoffte Profitsteigerung letztendlich nicht eintraf (siehe folgende Tabelle).

Mit der Personalreduktion verfolgtes Ziel

Geplant (in %) der Firmen

Erreicht (in %) der Firmen

Kostenreduktion

> 90

< 50

Produktivitätssteigerung

75

22

Erhöhung des Cash Flow

> 50

< 25

Bürokratieabbau

> 50

15

Ziele und Ergebnisse von Personalabbau

 

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