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Systemische Beratung

Zu den vielfältigen Techniken eines Coaches oder Beraters gehören auch Methoden aus der systemischen Therapie und Beratung.

Der systemische Ansatz sieht den Menschen nicht als unabhängiges und beziehungsloses Individuum, wenn er in die Therapie oder Beratung kommt. Dieser Ansatz setzt die Probleme und seelischen Störungen eines Klienten stets in einen Kontext zu seinen bestehenden Beziehungsgeflechten (Systemen). Das können berufliche, familiäre oder partnerschaftliche Beziehungsgeflechte sein, in denen der Klient aufgrund von ungünstigen Interaktionen seelisch leidet. So betrachtet der systemische Ansatz das Beziehungsgeflecht als Ganzes, das heißt alle Teilnehmer werden in ihrer Interaktion zueinander und miteinander beobachtet und in die Beratung einbezogen.

Jedes System hat seine eigenen Regeln, Kommunikationsmuster und Wechselwirkungen, die in den unterschiedlichsten Ausprägungen als leidvoll erlebt werden können. Während der Beobachtung zeigen sich dann häufig gestörte Beziehungsmuster in der Kommunikation und in der Rollenverteilung, wobei der Symptomträger (Ihr Klient) häufig derjenige ist, der an einer psychischen Auffälligkeit leidet.

Man kann ein Beziehungsgeflecht/System auch als Mobile bezeichnen, dessen Gleichgewicht (Homöostase) alle Teilnehmer aufrechtzuerhalten bemüht sind. Was mit den bisherigen Regeln scheinbar gut funktioniert hat, wollen viele Menschen oft nicht verändern. Sie tun sich schwer, Altbewährtes loszulassen und durch Neues zu ersetzen, selbst wenn alte Strukturen Probleme bereiten. Veränderungen können schmerzhaft sein und auch Angst machen.

Manche Mitglieder von Beziehungsgeflechten geben während der Beratung ihre bisherigen Rollen auf, die bisher vielleicht auch ganz bequem oder angenehm waren. Unangenehm und schwer annehmbar kann es auch für Systemmitglieder sein, einzusehen, dass nicht nur der Symptomträger an den bestehenden Problemen „schuld“ ist. Die Verwunderung der Systemmitglieder ist während einer Therapie oder Beratung oft groß, wenn sie ihre eigene Beteiligung an der „Systemstörung“ erkennen. Das System wird während der Beratung gelöst und neu geordnet.

Alle Teilnehmer des Systems erlernen in dieser Beratung, sich selbst zu reflektieren sowie ihre Wahrnehmungs-, Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen und gegebenenfalls umzustrukturieren, und üben neue Kommunikationsmuster.

Während der Beratung ist es nicht unbedingt nötig, dass alle Systemmitglieder anwesend sind. Durch Aufstellungsarbeiten oder Genogramme können Beziehungsstrukturen sehr gut dargestellt und bearbeitet werden.

Genogramme (auch Soziogramme genannt)

Der Klient zeichnet sein System aus seiner Sicht auf. Er zeichnet sich dabei in die Mitte und alle anderen Systemmitglieder um sich herum. Die Mitglieder werden dann durch geschlossene oder unterbrochene Linien miteinander verbunden. Dabei spielen Entfernung, Größe und Verbindung der einzelnen Mitglieder große Rollen.

Aufstellungsarbeiten

Diese Strukturen können auch durch das Aufstellen von Platzhaltern (andere Menschen oder Gegenstände) deutlich werden. Von großer Bedeutung ist dabei die Familienaufstellung, bei der fremde Menschen das System eines Klienten als Schauspieler nachstellen. Erstaunlicherweise übernehmen in diesen Aufstellungen die Platzhalter oft präzise die Rolle des eigentlichen Systemmitgliedes mit ihren Gefühlen, Wahrnehmungen und Verhaltensweisen. In diesen von professionellen Beratern geführte Aufstellungen werden häufig die oben genannten ungünstigen Beziehungsstrukturen deutlich.

Weitere Techniken der systemischen Beratung sind:

Zirkuläre Fragen

Bei dieser Technik wird der Klient von Ihnen angeregt, die Welt mit den Augen eines anderen Systemmitgliedes zu sehen oder sich selbst aus der Metaebene (Vogelperspektive) in der Interaktion mit einem anderen Menschen zu beobachten.

Beispiel

Was würde Ihre beste Freundin dazu sagen, wenn Sie ihr das Problem schildern?“

Skalierungsfragen

Mit Skalenfragen lassen sich graduelle Unterschiede im Lösungserleben feststellen. Diese Unterschiede ermöglichen eine Wahrnehmung von Ressourcen.

Skalierungsfragen zum Problemerleben:

10 = optimales Erleben einer Lösung, 1 = stärkstes Problemerleben

Beispiel

  • Wo ordnen Sie sich jetzt in Ihrem Problemerleben ein?“
  • „Auf der Skala von 1-10: Wie zuversichtlich sind Sie, dass das Gewünschte eintritt?“
  • „Wo auf der Skala befinden Sie sich nach der Lösung des Problems?“

Reframing

Die Methode wird auch in der lösungsorientierten Beratung nach Steve de Shazer angewandt. Dabei wird eine Situation oder ein Geschehen umgedeutet. Durch Reframing (Umdeutung, Neurahmung) geben wir unseren Tätigkeiten einen Sinn. Das erzeugt das Kohärenzgefühl. Am Beispiel eines Problems: Das aktuelle Problemerleben wird als Lösungsversuch betrachtet, dessen Auswirkungen erkundet werden.

Beispiel

  • Inwiefern stellt das Problem auch einen Lösungsversuch dar?“
  • „Wofür kann das Problem in Anbetracht der Auswirkung nützlich sein?“
  • „Wann wäre das Verhalten eine sinnvolle Ressource?“
  • „Welche Vorteile und gute Absichten bietet das problematische Verhalten?“
  • „Wie haben Sie es geschafft, dass es nicht schlimmer wird?“

 

Beispiel

Sie wollten den Samstag mit Gartenarbeit verbringen, weil der Rasen dringend gemäht und die Blumen, die Sie gekauft haben, eingepflanzt werden müssten. Doch es regnet.

Nun können Sie sich ärgern, weil Sie Ihre Arbeit nicht erledigen können, oder Sie sagen sich: „Vielleicht hat das Wetter auch etwas Gutes, denn so kann ich endlich das Buch lesen, was ich mir schon so lange vorgenommen habe.“

Soziometrische Aufstellungen

Diese Aufstellung kann sehr gut in einer Trainingssituation als Kennlernrunde oder auch als Skalierungsmethode genutzt werden. Es sind verschiedene Aufstellungen möglich, zum Beispiel Kreis (eine Frage; die Teilnehmer, auf die das zutrifft, stellen sich dazu), Skalierungsaufstellungen oder sich selbst findende Aufstellungen. Die Aufstellung kann geografisch (wo am Ort) und geometrisch (wie zueinander) angeordnet sein.

Beispiel

Wie viel Erfahrung auf einer Skala von 1 bis 10 haben Sie mit dem Thema?“

„Ordnen Sie sich nach der Berufserfahrung in Jahren.“

Paradoxe Intervention

Verschreibung des problematischen Verhaltens, um Automatismen zu verändern.

Beispiel

Einem Klient mit einer Antriebsschwäche geben Sie den Auftrag, bis zur nächsten Sitzung gar nichts zu tun. Dadurch, dass sich der Zwang auflöst, etwas zu ändern, löst sich oft auch das Problem.

 

Hinweis

Der systemische Ansatz arbeitet vorrangig gegenwarts- und zukunftsorientiert und wenig biografisch. Daher kann diese Methode gut von Coaches und Beratern eingesetzt werden. Vermittelt man aus der systemischen Ansicht seinem Klienten, dass er Teil des Systems ist und dass, wenn er sich verändert, auch alle anderen Teile sich verändern, so ist es für ihn leichter, eine positive Einstellung zur eigenen Veränderung zu erlangen. Durch diese Sicht der Dinge kann die Meinung, es sollten sich doch erst einmal alle anderen ändern, hinterfragt bzw. aufgegeben werden.

Die Systemik setzt ihren Fokus auf Lösungen und Ressourcen und nicht auf Probleme und Defizite.

Am 14. Dezember 2008 hat der WBP (wissenschaftlicher Beirat für Psychotherapie) die systemische Therapie in Deutschland als „wissenschaftlich anerkannt“ eingestuft.

 

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