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Schnelligkeit des Fußballspielers

Schnelligkeit ist eine der elementarsten physischen Eigenschaften eines Spielsportlers und somit auch des Fußballspielers. Sie ist für den Erfolg von sportlichen Aktionen wichtig, weil sie die Qualität und Effektivität dieser Handlungen stark beeinflusst.

Schnelligkeit lässt sich als die Fähigkeit bei sportlichen Bewegungen auf einen Reiz bzw. ein Signal hin schnellstmöglich zu reagieren und/oder Bewegungen bei geringen Widerständen mit höchster Geschwindigkeit durchzuführen, definieren. Diese Begriffsbestimmung nimmt Rücksicht auf die Prozesse des neuromuskulären Systems.

Zum neuromuskulären System gehören motorisch bedeutsame Exterorezeptoren (Rezeptoren, die Signale von außen aufnehmen), Propriorezeptoren (Rezeptoren, die Signale aus dem Körper aufnehmen), Muskelfasern, Synapsen, motorische Endplatten, afferente und efferente Nervenfasern sowie Motoneurone im Rückenmark. Es ist umstritten, in welchem Maße die Faktoren des neuromuskulären Systems anlagebedingt sind oder funktionelle Anpassungen durch Training zeigen.

Erscheinungsformen und Strukturierung der Schnelligkeit

Betrachtet man die motorische Fähigkeit differenzierter, so fällt auf, dass man unterschiedlichen Komponenten begegnet, die die Schnelligkeit bestimmen. Diese Komponenten werden von verschiedenen Autoren unterschiedlich benannt, hergeleitet und begründet. Insgesamt ist daher festzustellen, dass keine einheitliche und allgemein akzeptierte Strukturierung der Schnelligkeit existiert.

Trotzdem gibt es in der Fachliteratur eine Reihe von Übereinstimmungen:

  • So nennen fast alle theoretischen Ansätze Begriffe wie Reaktionsschnelligkeit oder Reaktionsgeschwindigkeit. Die Reaktion auf bestimmte Signale scheint demnach einen wichtigen Faktor bei Schnelligkeitsleistungen darzustellen.
  • Ebenso werden immer wieder Begriffe wie Beschleunigung oder Beschleunigungsfähigkeit genannt. In diesem Zusammenhang wird dann auch meist der Querverweis auf die motorische Fähigkeit Kraft und deren Komponenten hergestellt. Um eine hohe Geschwindigkeit zu erreichen, muss zuerst eine Beschleunigung eines Körperteils oder des gesamten Körpers erfolgen.
  • Und letztlich stellen viele Autoren Begriffe wie Aktionsschnelligkeit, maximale Bewegungsgeschwindigkeit oder Frequenzschnelligkeit in den Mittelpunkt. Damit soll angedeutet werden, dass es bei bestimmten Bewegungen um die Erzielung einer maximalen Geschwindigkeit geht und hierbei Faktoren wie Aktionsschnelligkeit oder Frequenzschnelligkeit eine wichtige Rolle spielen.

Betrachtet man eine Schnelligkeitsleistung in ihrem Verlauf, der allgemein, also für möglichst viele Sportarten, anwendbar sein soll, so kann man zwei unterschiedliche Verlaufsformen erkennen:

  • Die erste Verlaufsart geht davon aus, dass eine Schnelligkeitsleistung aufgrund eines Signals oder Reizes ausgelöst wird, beispielsweise der Start beim Sprint oder eine Finte des Gegners beim Fußballspiel. Am Beginn steht also die Reaktionsleistung auf den äußerlichen Reiz, welche nahtlos in die Beschleunigungsleistung übergeht: Der Körper verändert und erhöht seine Geschwindigkeit. Wie lange diese Beschleunigungsleistung dauert, hängt von der Größe des zu überwindenden äußeren Widerstandes ab. Daran schließt, wiederum ohne erkennbaren Übergang, die Schnelligkeitsleistung an.
  • Liegt kein äußerer Reiz als Auslöser vor, so bleibt der Verlauf gleich. Eer reduziert sich um die Phase der Reaktion, d. h. es liegt ein selbstgewählter Beschleunigungsbeginn vor (Anlauf beim Weitsprung). Auch hierbei geht die Beschleunigungsleistung stufenlos in die Schnelligkeitsleistung über.

Während die sportmotorische Ausdauer durch die Abhängigkeit vom Herz-Atmungs-System eindeutig den konditionellen Eigenschaften zuzuordnen ist, fällt die Abgrenzung der Schnelligkeitsfähigkeiten wesentlich schwieriger aus, da Schnelligkeit laut Hohmann, Lames & Letzelter (2003) sowohl von der Innervierung bzw. vom Zusammenspiel der Sehnen und Muskeln als auch von einem Anteil des Zentralnervensystems (ZNS) mitbestimmt wird. Schnelligkeit ist also nur teilweise energetisch bedingt, da ein sehr großer Anteil in hohem Maße auf den Fähigkeiten des Nervensystems beruht.

Für Grosser (1991) bedeutet Schnelligkeit im Sport die Fähigkeit, aufgrund kognitiver Prozesse, maximaler Willenskraft und der Funktionalität des Nerv-Muskel-Systems höchstmögliche Reaktions- und Bewegungsgeschwindigkeiten unter bestimmten gegebenen Bedingungen zu erzielen.

Somit werden die Schnelligkeitsfähigkeiten v. a. für den Spielsportler und Fußballer in konditionelle Teileigenschaften und psychisch-kognitive Teileigenschaften differenziert.

Konditionelle Teileigenschaften

Unter zyklischer Schnelligkeit werden Bewegungen in einem immer wiederkehrenden Rhythmus wie beispielsweise das Laufenverstanden. Insgesamt gesehen, handelt es sich bei der zyklischen Schnelligkeit im Fußballsport um raumgewinnende Laufaktionen. Sie wird auch als Fortbewegungsschnelligkeit bezeichnet. Jedoch wird die zyklische Bewegungsschnelligkeit in drei weitere Arten unterteilt. Es sind dies die Grundschnelligkeit (einschließlich Antrittsschnelligkeit und Beschleunigungsvermögen), die Sprintausdauer (beschreibt die Fähigkeit, über die ganze Spielzeit schnelle Antrittsleistungen ohne Geschwindigkeitsverlust erbringen zu können) und die Schnelligkeitsausdauer, die es dem Fußballer ermöglichen soll, eine möglichst hohe Geschwindigkeit so lange wie möglich zu erhalten. Letztere spielt im Fußballsport eine untergeordnete Rolle, da die Sprints eines Spielers, wie in Kapitel 1 beschrieben, selten über die 20- bis 30-Meter-Marke hinausgehen – der Spieler bleibt fast immer im Beschleunigungsbereich.

Unter azyklischer Schnelligkeit werden Bewegungsleistungen ohne wiederkehrenden Rhythmus verstanden. Hierbei handelt es sich im Fußballsport um die Schnelligkeit von Einzelaktionen wie Abstoppbewegungen, Körpertäuschungen (Finten), Drehungen oder Richtungswechsel.

Psychisch-kognitive Teileigenschaften

Die Wahrnehmungsschnelligkeit beim Fußballer ist durch dasschnelle Erkennen und Erfassen von Spielsituationengekennzeichnet. Hinzu kommt die Fähigkeit, Spielzüge oder Aktionen sowohl desMit-, als auch insbesondere die des Gegenspielers zu erahnen oder vorwegzunehmen – dies wird auch Antizipationsfähigkeit genannt. Nachdem dieSpielsituation erkannt und gedanklich blitzschnell analysiert wurde, folgt die effektive Lösung – dafür müssen Entscheidungen (Entscheidungsschnelligkeit) getroffen werden. Meist sind dies Reaktionen auf Bewegungen oder Aktionen des Gegners, folglich ist die Reaktionsschnelligkeit ebenfalls zu diesen psychisch-kognitiven Fähigkeiten zu zählen.

Unter Aktionsschnelligkeit im Fußball versteht man die Fähigkeit eines Spielers, unter Druck und in Stresssituationen trotzdem den Ball in höchstem Tempo technisch perfekt zu beherrschen. Voraussetzung hierfür ist natürlich ein hohes balltechnisches Fertigkeitsniveau des Spielers – die Aktionsschnelligkeit mit Ball beinhaltet somit die technische Komponente der Schnelligkeit.

Die psychisch-kognitiven Teile der Schnelligkeit führen gemeinsam mit der Aktionsschnelligkeit mit Ball, die notwendig ist, um unter Zeit-, Gegner- und Raumdruck Spielsituationen unter Verwendung seiner technischen, taktischen und konditionellen Möglichkeiten lösen zu können, und der zyklischen bzw. azyklischen Bewegungsgeschwindigkeit zur komplexesten Form der Schnelligkeit des Spielsportlers, nämlich der Handlungsschnelligkeit.

Nur wenn alle Teilaspekte der Handlungsschnelligkeit optimal ausgebildet sind, ist es dem Fußballer möglich, Höchstleistungen zu erbringen.

Bedeutung der Schnelligkeit im Fußball

Schnelligkeit wird im Fußball benötigt, um Aktionen mit oder ohne Ball im höchsten Tempo gestalten zu können. Die Belastungs- und Beanspruchungsstruktur des Fußballs ist durch viele schnelle Aktionen geprägt. Erfolg in Sprints, Antritten, Schüssen und Zweikampfsituationen hängen primär mit der Schnelligkeitsleistung eines Spielers zusammen. Bezieht man die Sprints auf die gelaufene Gesamtdistanz (etwa 10 bis 12 Kilometer), machen sie nur 1 bis 8 Prozent aus.

Betrachtet man den prozentualen Anteil, so erweckt das Ergebnis den Eindruck, die Sprints spielten nur eine untergeordnete Rolle bei den Bewegungsarten im Fußball. Sprints und Sprungkraftaktionen tragen jedoch wesentlich zur Ballgewinnung, Ballverteidi-gung, Torerzielung und Torverhinderung bei.

Die Schnelligkeit des Fußballspielers wird in der Fachliteratur als vielseitige Fähigkeit beschrieben. Zu ihr gehören nicht nur das schnelle Reagieren und Handeln, der schnelle Start und Lauf, die Schnelligkeit der Ballbehandlung, das Sprinten und Abstoppen, sondern auch das schnelle Erkennen und Ausnutzen der jeweils gegebenen Situation. Dies lässt die große Bedeutung der Schnelligkeit für den Fußballspieler erkennen.

Die Schnelligkeit im Fußball entscheidet darüber, wer schneller am Ball ist, wer eine Spielsituation schneller erkennt und dadurch schneller handeln kann.

Der Antrittsschnelligkeit, dem Beschleunigungsvermögen und der allgemeinen Grundschnelligkeit sind im Fußballsport besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Sie sind laut Weineck (2004) von überragender Bedeutung für erfolgreiches Angriffs- und Abwehrspiel, effektives Zweikampfverhalten und wirksame Verletzungsprophylaxe.

Antrittsschnelligkeit

Sehr viele entscheidende Verhaltensweisen eines Fußballspielers benötigen eine bestens ausgeprägte Antrittsschnelligkeit. Stellvertretend seien hier einige angeführt, beispielsweise  das Lösen vom Gegenspieler, das Anbieten bzw. Freilaufen, ein Torschuss oder das Dribbling. All diese notwendigen Spielaktionen und -handlungen weisen die Antrittsschnelligkeit als herausragende Eigenschaft neben der allgemeinen Ausdauerleistungsfähigkeit für den Fußballspieler aus.

Der Begriff Antrittsschnelligkeit gilt im Fußballsport für die ersten fünf Meter einer zurückgelegten Sprintdistanz. Spitzenspieler sollten in der Lage sein, die ersten fünf Meter unter einer Sekunde Laufzeit zu absolvieren.

Beschleunigungsvermögen

Das Beschleunigungsvermögen eines Fußballspielers bezeichnet die ersten zehn Meter der Sprintstrecke. Hier lagen die Spitzenwerte von Spielern der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 1998 bei 1,66 Sekunden.

Grundschnelligkeit

Bei fußballspezifischen Tests der Schnelligkeit ist auch die Grundschnelligkeit von großer Bedeutung – hier liegt die Messung der Sprintzeit bei einer Distanz von 30 Metern. Geese (1990) unterteilt die Schnelligkeitsleistungen im Fußballspiel relativ detailliert – so gilt eine Zeit von unter 3,95 Sekunden für die 30-Meter-Strecke als extrem überdurchschnittlich.

Das Sprintverhalten eines Fußballspielers im Wettkampf weist nicht nur lineare Richtungen auf. Im Gegenteil ist es geprägt von ständigen Geschwindigkeits- und  Richtungswechseln.

Die Sprintfähigkeit eines Fußballspielers unterscheidet sich deutlich von der eines Leichtathleten: geringerer Kniehub, ein niedrigerer Körperschwerpunk und erschwerende Bedingungen wie Gegenspieler und Ball bestimmen das Leistungsbild.

Trainingspraxis

Im fußballspezifischen Schnelligkeitstraining ist zu beachten, dass der Antritt über kurze Distanzen (bis 5 Meter), das Beschleunigungsvermögen des Fußballspielers über mittlere Sprintstrecken (etwa 10 Meter) und die allgemeine Grundschnelligkeit über längere Distanzen (20 bis 30 Meter) verbessert werden.

Strecken- und Sprintlängen über 30 Meter sind für das eigentliche Fußballspiel eher unspezifisch und sollten nur bei einem Schnelligkeitsausdauertraining angewendet werden.

Diese Sprintfähigkeiten sind elementar und daher in der Trainingsmethodik separat anzusteuern.

Kriterien für ein optimales Schnelligkeitstraining im Fußball:

  • Die Reizintensität in einem Schnelligkeitstraining muss maximal sein.
  • Die Wahl der Streckenlänge muss sich am Trainingsziel orientieren.
  • Die Reizdichte optimal gestalten: Die Erholungsphase bei einem Schnelligkeitstraining ist wichtig. Der Körper muss sich vollständig erholen, um die maximale Belastung zu kompensieren. Bei einer zu hohen Reizdichte verfällt man schnell in ein Schnelligkeitsausdauertraining (pro gesprinteten 10 Metern 1 Minute Pause). Beispiel: Bei einer 25-Meter-Sprintserie sollten etwa 3 Minuten Pause zwischen den Belastungen liegen.
  • Die Reizdauer darf bei einem Schnelligkeitstraining nur so hoch liegen, solange maximale Leistungen möglich sind
  • bei Ermüdungserscheinungen ist das Schnelligkeitstraining zu beenden.
  • Schnelligkeitstraining nur in einem erholten Zustand durchführen.
  • Schnelligkeitstraining am Anfang einer Trainingseinheit durchführen – idealerweise direkt nach dem Aufwärmen.
  • Das Aufwärmprogramm muss dem darauf folgendem Schnelligkeitstraining angepasst werden.
  • Verschiedene Trainingsformen anwenden, um Trainingsmonotonie und motorisch-dynamische Stereotypen zu verhindern.
  • Die Motivation der Spieler muss hoch sein, damit sie die maximale Leistung abrufen – Schnelligkeitstraining daher ab und zu als Wettkampf gestalten.
  • Das Schnelligkeitstraining kann nur in der Wiederholungsmethode trainiert werden, da sich der Athlet nach der Belastung erholen kann.
  • Schnelligkeitstraining mit und ohne Ball durchführen.
  • Schnelligkeitstraining auch in Spielformen trainieren, um fußballspezifische Reize zu setzen.
  • Schnelligkeitstraining muss durch Koordinationstraining und Krafttraining ergänzt werden.
  • Qualitätsverluste in der Bewegungskoordination führen zum Abbruch des Schnelligkeitstrainings.
  • Schnelligkeitstraining muss der Bewegungscharakteristik des Fußballspiels entsprechen.

 

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