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Probleme und Perspektiven von BGM

Ausgehend von der Ottawa-Charta der WHO aus dem Jahre 1986 mit der Forderung, Gesundheit auf den verschiedensten Gebieten und unter anderem auch im Setting Arbeitswelt für alle Menschen zu fördern, hat die Gesundheitsförderung auch Eingang in die deutsche Sozialgesetzgebung gefunden. Trotz mehrmaliger Änderung der Gesetzeslage seit 1989 kann das BGM auf Grund der Bemühungen von Wissenschaft, Krankenkassen und Unfallversicherungsträgern heute auf erprobte und erwiesenermaßen effektive Instrumente und Vorgehensweisen zurückgreifen.

Betriebliche Gesundheitsmaßnahmen, wie sie in Kapitel 2.7 bereits aufgezeigt wurden, weisen gegenwärtig jedoch folgende Probleme auf, deren Lösung Perspektiven für das BGM aufzeigt:

  • Vergleicht man die Anzahl der Programme in Deutschland mit der in den USA, Kanada und Australien, so lässt sich bei uns ein erheblicher Nachholbedarf feststellen. Es gibt wenige Best-Practice-Modelle, also Unternehmen, die ein umfassendes Gesundheitsprogramm durchführen. Oft fehlen das Bewusstsein und auch das Wissen, um die positiven Effekte erfolgreichen Gesundheitsmanagements einzuschätzen. Häufig wird das BGM von den Führungskräften zunächst als Kostenfaktor betrachtet.
  • Bedenkt man die Anstrengungen, Kosten und Erwartungen, welche an Gesundheitsprogramme in Organisationen geknüpft werden, so fällt die Evaluation entsprechender Maßnahmen oft vergleichsweise bescheiden aus. Für die Bewertung von Maßnahmen reicht es keinesfalls, einzelne Indikatoren wie die Arbeitszufriedenheit oder den Krankenstand zu nutzen. Die hinreichende Überprüfung eines Gesundheitsprogramms umfasst Struktur-, Prozess- und Ergebnisevaluation.
  • Gesundheitsmanagement wird oft als weniger wichtig als die Kernprozesse im Unternehmen betrachtet. BGM wird als reiner Luxus angesehen, mit dem man sich beschäftigt, wenn man gerade sonst nicht viel zu tun hat.
  • Programme des BGM sind oft kurzfristig angelegt und stellen demgemäß reinen Aktionismus dar. Grund hierfür ist, dass Gesundheitsprojekte häufig pragmatisch und ohne strategisches Konzept auf die Senkung von Fehlzeiten ausgerichtet sind. Nur Projekte über mehrere Jahre hinweg können zu stabilen und damit messbaren humanen und wirtschaftlichen Effekten führen.
  • Frauen und Männer sind am Arbeitsplatz unterschiedlichen Belastungen ausgesetzt. Doch der Arbeits- und Gesundheitsschutz orientiert sich fast nur an Männern und ihren Tätigkeiten – Gender-Aspekte finden in der BGM-Praxis kaum Berücksichtigung. Geschlechtsblindheit verhindert jedoch Qualität und verschwendet Ressourcen.
  • Oft werden als erfolgreich deklarierte BGM-Maßnahmen unkritisch übernommen. Es wird dabei zu wenig berücksichtigt, dass der Erfolg eines Gesundheitsprogramms wesentlich durch zahlreiche betriebliche Rahmenbedingungen bestimmt ist, zum Beispiel durch die Unternehmensphilosophie und -kultur, die Position des Betriebsrates im Unternehmen, das Gesundheitsbewusstsein des Managements und der Mitarbeiter sowie die wirtschaftliche Situation.
  • Gesundheitsprojekte sind oft zu wenig auf ausgewählte Zielgruppen zugeschnitten. Man kann nicht davon ausgehen, dass alle Führungskräfte und Mitarbeiter einer Organisation dieselben Bausteine (Raucherentwöhnung, Gewichtskontrolle, Stressmanagement, Suchtberatung etc.) in gleicher Weise benötigen. Deshalb sollte jedes Präventions- und Interventionsprogramm mit einer Organisationsdiagnose zur Gesundheitssituation im Unternehmen beginnen. Andernfalls bleibt Gesundheitsmanagement eher ein Schrotschießen, bei dem zwar einzelne Erfolge erzielt werden können, aber keine systematische, gezielte Prävention erfolgt.
  • Ein weiteres Basisproblem kann die Motivation der Teilnehmer an BGM-Programmen sein. Bedenkt man, dass die Drop-out-Rate bei den Arbeitnehmern relativ hoch ist, so ist zu fragen, durch welche materiellen und immateriellen Anreizsysteme sie motiviert werden können.
  • Häufig werden die Mitarbeiter zu wenig befragt und beteiligt. Das hat die Folge, dass Programme über die Köpfe der Beteiligten hinweg geplant werden. Damit sinken dann die Akzeptanz und Beteiligung, weil die Bedürfnisse nicht wirklich getroffen wurden.
  •  Ein zusätzliches Problem von Gesundheitsinitiativen in Unternehmen sind die Anteile von Verhaltens- und Verhältnisprävention. Studien zeigen den Schwerpunkt von Maßnahmen eindeutig in der Verhaltensprävention. Dabei gelten Maßnahmen der Verhältnisprävention – also die Verbesserung der Arbeitsumwelt – als deutlich wirksamer.
  •  BGM-Programme fokussieren zu wenig die psychosoziale Gesundheit. Aspekte und Probleme dieser Form des Wohlbefindens spielen in vielen deutschen Unternehmen bislang eine untergeordnete Rolle. Zusätzlich ist die relativ geringe Präsenz von arbeits- und organisationspsychologischen Maßnahmen ein Defizit.

Was in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben darf, ist der ethische Aspekt von Gesundheitsförderungsprogrammen in Unternehmen. Nichts kann den Erfolg einer Maßnahme mehr in Frage stellen als die Missachtung ethischer Grundsätze. Dabei muss der Datenschutz die höchste Priorität haben.

Hinweis

Persönliche Daten über Gesundheit und Krankheit von Mitarbeitern sind vertraulich und gehören ausschließlich in den Kompetenzbereich der zuständigen Experten (Mediziner, Psychologen, Sport- und Gesundheitswissenschaftler etc.). Sie dürfen keinesfalls vom Management und anderen Gruppen zur Diskriminierung von Arbeitnehmern genutzt werden. Nur durch diese Sicherheit können die Beschäftigten Vertrauen zum Management und seinen Gesundheitsprogrammen gewinnen

 

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