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Gesellschaftlicher Wandel

Mit Gesellschaftswandel sind Veränderungen gemeint, die neues Verhalten und veränderte Denkweisen erzeugen. So wuchs mit dem technischen Fortschritt der gesellschaftliche Wohlstand. Gleichzeitig wurden die Menschen unabhängig von ihren Familien, woraus ein allgemeiner Trends zur Individualisierung folgte: Seit den 1970er Jahren gilt die eigene Entwicklung als persönliche Angelegenheit. Aus dem standardisierten Lebenslauf entwickelte sich eine Wahlbiografie: Jeder entscheidet selbst, wie er leben möchte und welchen beruflichen Weg er einschlägt. Für beide Geschlechter besteht die Freiheit, viele Chancen und Wege der Selbstverwirklichung in allen Lebensbereichen zu ergreifen. Damit entstehen jedoch auch Schwierigkeiten, denn – auch wenn sie gewollt ist – überfordern die schier unendlichen Entscheidungsmöglichkeiten viele Menschen. Denn jeder hat zwar die Option, selbstbestimmt sein Leben zu gestalten, muss allerdings dafür auch ständig Entscheidungen treffen. Nicht selten entwickeln sich daraus Zukunftsängste und die Sorge, zu scheitern:

„Die Menschen sind nicht verarmt, sondern oft wohlhabend, leben in einer Gesellschaft des Massenkonsums und des Überflusses sind meist gut gebildet und informiert, aber haben Angst.

Beck, 1986, S. 69

Menschen werden heute schon aktiv, um die Schwierigkeiten von morgen zu lösen, d. h. sie leisten Vorsorge, um zukünftigen Problemen zu entgehen. Da sie allerdings nicht wirklich wissen, was in Zukunft stattfindet, wird das Leben unkalkulierbar. Dementsprechend können heutige Entscheidungen zu Konsequenzen in der Zukunft führen, die ursprünglich so nicht intendiert waren und für die allein das selbstbestimmt entscheidende Individuum verantwortlich gemacht wird. Die daraus resultierende Unsicherheit des Individuums und die Angst vor Fehlentscheidungen wachsen bei gleichzeitig erhöhtem Bedürfnis nach Sicherheit: Menschen haben Angst zu scheitern und Angst vor der Zukunft.

Bislang galt die Familie als wichtiger Anker für Individuen, um mit den gewandelten Bedingungen gut fertig zu w zuerden. Doch auch die Familienverhältnisse und das allgemeine menschliche Beziehungsgefüge haben sich durch den gesellschaftlichen Wandel verändert und sind komplexer geworden: Es entstehen verschiedene Lebensformen wie z. B. Lebensabschnittspartner, Wochenendehen und Patchworkfamilien.

Es ist nicht mehr klar, wer mit wem wie lange zusammenbleibt, wer mit wem welche Kinder aufzieht, wer wen wann und wie lange pflegt oder ob jemand im Alter überhaupt gepflegt werden will. (…) Es ist nicht mehr klar, wer morgens die Brötchen holt, schmiert, geschweige denn wer sie für wen verdient.

Klein, 2011, S. 159f

Zudem gibt es vermehrt kinderlose Paare, Singles bzw. hohe Scheidungsraten – Lebenssituationen, die viele Menschen überfordern oder belasten.

Der Wandel der Familie hängt mit dem Wandel der Geschlechterrollen zusammen: Die Rolle der Frau ist nicht mehr ausschließlich auf Erziehung und Haushalt beschränkt, d. h. Frauen gehen vermehrt arbeiten. Dadurch dass immer häufiger beide Partner arbeitstätig sind, spielt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine immer größere Rolle.

Neben dieser Entwicklung ist ein weiterer Wandel der Gesellschaft durch die Technologisierung festzustellen: Mit der weltweiten Vernetzung schreitet auch die Globalisierung voran, die dazu führt, dass Raum und Zeit unbedeutender werden sowie Wissen bzw. Dienstleistungen vermehrt ausgetauscht werden. Forscher bezeichnen eine solche Gesellschaft als Informations- oder Wissensgesellschaft, manche nennen sie Dienstleistungs- oder postindustrielle Gesellschaft. Alle führen die Zunahme von Wissen bzw. Information als entscheidendes Merkmal an.

Damit verbunden sind Veränderungen der Arbeit, aber auch im Privaten besteht z. B. die Möglichkeit, über soziale Netze weltweit Freundschaften aufzubauen.

Zudem haben sich die Einstellung zum Berufs- und Privatleben und die Vorstellungen bezüglich der beruflichen Karriere grundlegend verändert. Während früher Arbeit hauptsächlich zum Broterwerb diente, suchen Menschen darüber hinaus heute zunehmend die persönliche Selbstverwirklichung oder Weiterentwicklung im Job. Sie wollen, umgeben von netten Kollegen, Spaß bei der Arbeit haben und wertgeschätzt werden. So sind jüngere Fachkräfte zwar sehr leistungsbereit, fordern allerdings zugleich auch mehr, da sie viele Alternativen haben: Interessant wird Arbeit nicht allein durch das Gehalt, sondern ebenso durch ein gutes Betriebsklima, spannende Arbeitsinhalte, Leistungsanerkennung, Ausgewogenheit von Arbeit und Leben, Entwicklungsmöglichkeiten, die Möglichkeit zu selbstständigem Arbeiten und Karriereoptionen.

Nachkriegsgeneration/Babyboomer

Sind geprägt von traditionellen Werten:

  • Leistungsorientierung
  • Disziplin/Pflichtbewusstsein
  • Berufsorientierung
  • Kollegialität
  • Sicherheitsdenken/Suche nach Beständigkeit
Jüngere Generationen

Relativieren traditionelle Werte:

  • Leistungsorientierung und Freude an Arbeit
  • Individualisierung und Orientierung an gemeinsamen Zielen
  • Beruf und Familie
  • Entschleunigung
  • Beständigkeit und Sinn

Werte älterer und jüngerer Generationen

Neben Bedürfnissen wie Geld und Macht, welche bevorzugte Motivationsanreize der Industriegesellschaft waren, geht es somit in der heutigen Informationsgesellschaft um Faktoren wie sinnstiftende Tätigkeit, Mitwirkung, soziale Anerkennung etc. (siehe obere Tabelle). Bedürfnisse und damit die Neubewertung von Arbeit durch Beschäftigte hängen mit den veränderten gesellschaftlichen Werten zusammen.

Da es derzeit fünf Generationen auf dem Arbeitsmarkt gibt, die unter-schiedlich sozialisiert wurden und von anderen Erfahrungen geprägt sind, sodass sie dementsprechend unterschiedliche Erwartungen und Verhaltensweisen haben, gelangt Wertevielfalt in die Unternehmen. Somit findet ein Wandel der Arbeitswelt sowohl von Arbeitgeber- (wirtschaftsbedingt) als auch von Arbeitnehmerseite (gesellschaftsbedingt) aus statt und führt dazu, dass bisherige Regeln und Routinen nicht mehr zwingend gelten. Diese unterschiedlichen Problemlagen, Vorstellungen und Bedürfnisse haben auch Auswirkungen auf das BGM. Denn schließlich muss es mehrere Zielgruppen mit unterschiedlichen Risikofaktoren und Ressourcen berücksichtigen.

 

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