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Gender in Arbeit und Gesundheit

Die Gesundheit bei der Arbeit zu schützen und zu fördern stellt im beständigen Wandel der Arbeitswelt eine zentrale Aufgabe für alle in diesem Feld tätigen Organisationen sowie Akteure dar. Denn die Arbeitsfähigkeit und Einsatzbereitschaft der Beschäftigten sind Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg von Betrieben und für die Qualität von Produkten und Dienstleistungen. Geschlechtsneutrale Politik und Praxis in Arbeitsschutz und Prävention können jedoch zu gesundheitlicher Ungleichheit der Geschlechter führen – eine Erkenntnis, die in weiten Bereichen des Feldes von Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung noch nicht angekommen ist.

Männer und Frauen leben häufig mit unterschiedlichen Risiken und gesundheitlichen Belastungen und verfügen über unterschiedliche Ressourcen.

Beispiele:

Männer arbeiten häufiger in körperlich anstrengenden und gefährlichen Berufen, z. B. auf dem Bau oder in der Produktion. Frauen sind häufig Doppel- und Dreifachbelastungen ausgesetzt, weil sie sich noch um Kinder und alte Eltern kümmern. Außerdem nehmen Frauen oft untergeordnete Positionen mit wenig Handlungsspielraum ein.

Die Aktivitäten in Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung sind deshalb zielgenauer und wir­kungsvoller, wenn die Genderperspektive berücksichtigt wird. Geschlechtsblindheit dagegen verhindert Qualität und verschwendet Ressourcen.

Hinweis

Der englischsprachige Begriff Gender bezieht sich im Gegensatz zum biologischen Geschlecht (Sex) auf das soziale Geschlecht und steht für die gesellschaftlichen Rollen, die Frauen und Männern zugeschrieben werden. Mainstreaming leitet sich von Mainstream (= Hauptströmung) ab und bedeutet, die Frage nach der Geschlechtergerechtigkeit zum alltäglichen Bestandteil der eigenen Arbeit zu machen. Gender Mainstreamingbedeutet, die jeweiligen Arbeits- und Lebenssituationen, Prioritäten und Bedürfnisse von Frauen und Männern im Voraus in alle Konzepte und Maßnahmen zu integrieren – mit dem Ziel der Chancengleichheit.

Ziele der Strategie Gender Mainstreaming sind: politisches Handeln stärker an den Lebenswirklichkeiten von Frauen und Männern auszurichten, Ungleichheit zu verhindern und sozial gerechte Entscheidungen zu treffen. Im Vertrag von Amsterdam aus dem Jahre 1999 verpflichteten sich die Mitgliedsländer der EU, diese Strategie umzusetzen, um systematisch in allen Bereichen der Beschäftigung die Gleichstellung von Frauen und Männern zu verwirklichen.

Gender Mainstreaming im Arbeits- und Gesundheitsschutz umzusetzen heißt, die folgenden Themenfelder abzufragen und in die jeweiligen Konzepte einzubeziehen:

Lebenswirklichkeiten

Arbeits- und Lebenswelten beeinflussen einander auf vielen Ebenen. Die Zeit nach der Berufstätigkeit bedeutet nicht automatisch Freizeit, sie ist geschlechtsspezifisch geprägt: Haus­arbeit, Versorgung von Kindern und Pflege von Familienangehörigen werden überwiegend von Frauen erledigt. Arbeitsbelastun­gen beinhalten bezahlte und unbezahlte Arbeit. Entgrenzung und Flexibilisierung von Arbeit bringen neue Anforderungen an arbeitende Menschen mit sich. Individuelle Wünsche hinsichtlich der Work-Life-Balance haben sich verändert. Damit bieten sich auch Chancen für einen Wandel der Geschlechterrollen.

Fragestellung: Welche finanziellen und personellen Ressourcen werden im Arbeits­schutz und in der Gesundheitsförderung im Betrieb eingesetzt? In welchem Maße sind typisch weibliche oder typisch männliche Arbeitswelten Ziel der Maßnahmen?

Arbeitswirklichkeiten

Sie sind bei Frauen und Männern häufig sehr unterschiedlich. Typische Frauenberufe sind eher sozialer, typische Männerberufe eher technischer Art. Dies wird durch gesellschaftlich beeinflussbare Geschlechterrollen geprägt: Während bei uns überwiegend Männer im Baugewerbe tätig sind, arbeiten in Asien im Baubereich überwiegend Frauen, in osteuropäischen Ländern beide Geschlechter etwa zu gleichen Teilen. Darüber hinaus gibt es große geschlechtsbedingte Unterschiede hinsichtlich der Länge und Lage der Arbeitszeiten und auf den Hierarchieebenen.

Fragestellung: Wie können Arbeitswelten für Frauen und Männer geöffnet werden? Ist beispielsweise die Gestaltung von Belastungen und Arbeitszeit so ausgerichtet, dass daneben noch andere Verpflichtungen bewältigt werden können?

Unterschiedliche Beanspruchungen

In den jeweils typischen Berufsfeldern von Frauen und Männern können beide Geschlechter unterschiedlichsten körperlichen und psychischen Belastungsfaktoren ausgesetzt sein. Sie werden aber möglicherweise auch unterschiedlich beansprucht, wenn sie die gleiche Arbeit ausführen. Das hat mit geschlechtsspezifischen Zuschreibungen und Erwartungen zu tun. Aber auch der Umgang mit Gesundheit und Belastungen sowie die erforderlichen Präventionsansätze können verschieden sein.

Fragestellung: Berücksichtigen die Maßnahmen geschlechtstypische Umgehenswei­sen mit Belastungen (z. B. unterschiedliche Fähigkeiten, Belastungen zu thematisieren, unterschiedliches Ausgleichsverhalten)?

Zuschreibungen und Bewertungen

Wir denken häufig in scheinbar unvereinbaren Gegen­sätzen wie schwarz – weiß, hart – weich, leicht – schwer. Dies wirkt auch im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Es gibt dort harte und weiche Belastungsfaktoren: mit Geräten messbare (wie Gefahrstoffe, Lärm oder schwere Lasten) und subjektiv empfundene (wie Konflikte mit Kollegen und Vorgesetzten oder fehlende Anerken­nung). Eingefahrene, oft wenig hinterfragte Bewertungen wirken sich mittelbar ge­schlechtsspezifisch auch auf Normen, Regelungen und Gestaltungsansätze aus.

Fragestellung: Welche Bewertungsmaßstäbe liegen den Maßnahmen zugrunde? Welche Arbeitsbedingungen gelten als schwer, welche als leicht? Ent­spricht diese Einschätzung den tatsächlichen Belastungen?

Um einen Beitrag zur Verwirklichung von Geschlechtergerechtigkeit bei der Gesundheit in der Arbeitswelt zu leisten, wurde im Jahre 2003 das Netzwerk „Gender in Arbeit und Gesundheit“ gegründet. Im Netzwerk sind Gewerkschaften, die Arbeitnehmerkammer Bremen und andere arbeitnehmerorientierte Organisationen, Arbeitsschutzinstitutionen, wissenschaftliche Einrichtungen und Betriebe vertreten. Die Initiatoren und Angehörigen des Netzwerks haben durch die Entwicklung und Förderung von Projekten und als Perspektive der eigenen Organisationsentwicklung den Auftrag des Gender Mainstreaming frühzeitig in ihre Arbeit einbezogen. Die Zusammenarbeit wird befördert durch den interdisziplinären Austausch der Erfahrungen aus Aktivitäten der verschiedenen Institutionen.

 

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